An Wendungen mangelt es dem Match nicht. Die Pointers etablierten zunächst eine souveräne Führung. Bedingt durch Foulbelastungen musste Trainer Daniel Dörr im zweiten Viertel tief rotieren. "Da haben sie Blut geleckt, wir haben ihnen Selbstvertrauen gegeben", erklärt der Coach, weshalb Stuttgart nach dem Seitenwechsel schließlich den Führungswechsel einleitete. Gießen nahm den Kampf an und lag wenige Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit mit 71:67 in Front. Sieben Stuttgarter Punkte in Folge schienen das Schicksal der Lahnstädter in der Schlussphase zu besiegeln. Lucas Mayer, der mit 27 Zählern glänzte, lötete kurz vor dem Ende aber zum 74:74-Ausgleich.
Erst in der Overtime gingen die Kräfte aus. Zu lange blieben die Gießener ohne Punkte aus dem Feld. Als die Gäste in der 44. Minute zu dritt nach einem umkämpften Ball hechteten und eine Sprungballsituation nebst Ballbesitz erzwangen, kannte der Jubel auf der Stuttgarter Bank keine Grenzen. Für die Schwaben war es der erste Saisonsieg.
"Wir hätten eigentlich gewinnen müssen", blickt Dörr nachdenklich auf die Achterbahnfahrt seines Teams zurück. Wie schon in den ersten beiden Heimauftritten gelang es den Pointers, das Geschehen zunächst zu bestimmen. Während Tyrell Sturdivant die Zone beherrschte und Rebounds wie am Fließband pflückte, brachten Dreier von Zeljko Pavlovic und Sven Schäfer Gießen erstmals zweistellig in Führung (19:9, 8.). An der Freiwurflinie ließ Sturdivant seinen zweiten Freiwurf liegen, kontrollierte aber den eigenen Abpraller und legte zum 25:12 ab. Insgesamt 16 Rebounds angelte der US-Amerikaner insgesamt.
Es hätten spielend mehr werden könnte, hätte er beim Zwischenstand von 34:16 (14.) nicht auf die Bank beordert werden müssen. Die Kernrotation spielte bis zu diesem Zeitpunkt wie aus einem Guss. Gleich mehrere Spieler - darunter auch Dominik Turudic - waren aber mit drei Fouls belastet: "Es bringt nichts, wenn sie sich vor der Halbzeit das vierte Foul einhandeln. Darauf musste ich reagieren. Ich vertraue meinen Bankspielern, und die müssen ihre Chance nutzen. Da muss etwas kommen, aber in diesem Spiel kam nichts", erklärt Dörr, weshalb der Vorsprung bis zur Pause auf 40:34 schrumpfte.
Gießen gelang es, die Wirkkreise des besten Stuttgarters Nick Mosley einzugrenzen. "Wir haben ihn konsequent gedoppelt. Daraus entstanden Freiräume für die Mitspieler. In der ersten Halbzeit haben sie die nicht genutzt, in der zweiten schon", veranschaulicht Dörr, weshalb das Momentum in schwäbische Richtung verrutschte. Vor allem Simion Habtemichael war nicht zu bremsen und setzte mit seinen Dreiern Nadelstiche.
An das flüssige Spiel der ersten fünfzehn Minuten konnte Gießen nicht mehr anknüpfen. "Am Ende waren wir einfach müde", resümiert der ehemalige Center eine Partie, die sich problemlos auf eine Grundformel zusammenfassen lässt: Es ist einfach dumm gelaufen. - Gießen: Turudic (6), Henke, Furlan (2), Gansel (2), Pavlovic (12), Theilig (2), Schäfer (7), Mayer (27), Schneider, Semlitsch, Sturdivant (19).