Welche Aufgabe hast du bei den ROTH Energie Giessen Pointers? 

Sebastian: „Ich bin stellvertretender Vorsitzender und Geschäftsführer vom Nachwuchsbereich und nennen wir es jetzt mal Amateurbereich.“ 

Wie bist du überhaupt zu den Pointers und deiner Position gekommen? 

Sebastian: „Jemand der mich auch als Mensch geprägt hat, ist der Fritz Rostek, der war in einem früheren Basketball-Verein von mir Trainer und hat mir mal verbal gewaltig in den Hintern getreten. Ich habe in dem Jahr als Spieler, aber auch als Mensch viel gelernt, und als dann meine Mannschaft aus mangelndem Interesse der anderen Spieler aufgelöst wurde bin ich nach Gießen gewechselt. 

Dort hat mich dann nach einem Jahr Toto Wiegard angesprochen, ob ich Trainer werden möchte und ich habe dann durch Leute wie Ralf Neumann viel als Trainer aber auch als Mensch gelernt, im Sommer kam dann erneut Toto auf mich zu und bot mir den Posten an. Da habe ich relativ schnell zugestimmt.“ 

Wie sieht bei dir eine typische Arbeitswoche im Verein aus? 

Sebastian: „Puhh, da ändert sich immer relativ viel. Als Trainer habe ich eigentlich immer feste Termine/Trainingszeiten und als Spieler selber auch. Da habe ich eigentlich jeden Tag etwas zu tun, außer mittwochs. 

Allerdings kommen da verschiedene Termine mit z.B. dem Sportamt oder der Ausländerbehörde immer wieder vor. Natürlich kommt das auch intern im Verein vor. Am Wochenende bin ich dann meistens als Trainer unterwegs, gelegentlich auch als Schiedsrichter und als Spieler.“ 

In der ProB-Mannschaft spielen zahlreiche Jungs aus der eigenen Jugend. Wieso klappt das in Gießen so gut?

Sebastian: „Naja, Gießen hat ja schon ein relativ großes Basketballeinzugsgebiet und aus der Breite kommt die Spitze. Wenn ich mir so die Größe der Jahrgänge anschaue, dann ist es schon relativ wahrscheinlich, dass da ein paar Leute mit viel Disziplin und/oder Talent dabei sind. Und dabei können die Spieler durch verschiedene Programme laufen, sei es jetzt NBBL, JBBL bei unserem Kooperationspartner und/oder Ober- und Regionalliga. 

Natürlich ergibt sich dann auch eine gewisse Verbundenheit mit der Region und den Vereinen, ich denke es ist immer etwas einfacher zu einem Verein zu wechseln oder dort zu bleiben, wenn man Leute dort kennt." 

Welche Schnittpunkte gibt es mit der Jugend und der 1. Mannschaft? Welche Auswirkungen haben sie? 

Sebastian: „Ich denke, der größte Schnittpunkt ist das Heimspiel der 1. Mannschaft in der Osthalle. Die Jugendspieler können sich hier Vorbilder suchen und gegebenenfalls kurz mit diesen Sprechen. 

Diese Vorbildfunktion wird, so denke ich, sehr unterschätzt. Ich würde mir wünschen, dass sich jeder Spieler dieser Funktion noch mehr bewusst wird und diese auch als Repräsentant für den Verein nutzt.“ 

Wie sieht aus deiner Sicht ein Jugendspieltag aus? 

Sebastian: „Hier gibt es auch wieder große Unterschiede, allerdings beginnt der Samstag mit unserem Samstagstraining für Kinder von 2-8 Jahren. 

Dann finden meistens um 14 Uhr Mini-Spiele statt, später dann U16 und U18 und am Ende des Tages so gegen 18 oder 20 Uhr dann die Herrenspiele. Ich war diese Saison Co-Trainer der U12-1 und gelegentlich auch in der U14-1. Als 'Head-Coach' habe ich die U18 betreut. Bedeutet ich war relativ viel unterwegs. 

Als Beispiel mal der 2. Oktober: 

12 Uhr U14-1 in Lich als Co-Trainer 

14 Uhr U10 als Schiedsrichter 

18 Uhr als Spieler selbst in Wieseck.“ 

Ist es für euch „einfach“ neue Jugendspieler an den Basketball heranzuführen? 

Sebastian: „Ich denke, jeder Spieler hat das was er kann, selber in seinen Kopf gelassen und trägt damit die Hauptverantwortung für sein Können. Als Trainer kann man da oft nur auf diesem Weg unterstützen und Lenken wohin die Reise geht könnte. 

Gerade bei den Jüngeren geschieht das eher durch Motivation und bei den älteren Jahrgängen durch Disziplin. Ab und An mal durch einen verbalen Tritt in den Hintern. Man muss das als Trainer aber natürlich einfordern und wie oben schon gesagt als Vorbild agieren.“

Siehst du die Jugendarbeit bzw. die Infrastruktur in Gießen auf einem gutem Weg, um auch in Zukunft zahlreiche Profis aus der eigenen Jugend in den Herren-Basketball zu bringen? 

Sebastian: „Nein, so hart das auch klingt. In Gießen fehlt es an einem Trainingszentrum, für die, die wirklich Leistungsorientiert arbeiten/trainieren wollen. Gerade für uns als Verein ist es unglaublich schmerzhaft, dass die Sporthalle der Theodor-Litt-Schule geschlossen ist. Unsere leistungsorientierteren Jugendmannschaften haben teilweise nur zweimal in der Woche Training. 

Mal ein kurze Rechnung - ich nehme jedes Training 100 Schuss und das zweimal in der Woche. Auf das Jahr gerechnet sind es dann 10400 Schuss. Wenn ich dreimal in der Woche trainiere sind es schon 15600 Schuss. Wenn man sich überlegt, dass man von der U10 bis zum Herrenbereich 10 Jahre spielt, hat der Spieler mit zwei Trainingseinheiten in der Woche fast 52.000 weniger Würfe genommen. (Ist natürlich alles sehr versimpelt) 

Man muss aus so einer Situation natürlich das Beste machen, jedoch ist vieles doch relativ weit weg vom Optimum. 

Wo liegt der Schwerpunkt in deiner Arbeit mit den Jugendlichen? 

Sebastian: „Bedarfsgerecht handeln, langfristiger Leistungsaufbau, aber auch Persönlichkeitsentwicklung. Nicht jeder will Profi werden, jedoch sind Dinge wie Zuverlässigkeit, Disziplin und auch Sozialkompetenz in jedem Bereich, sei es jetzt sportlich, auf der Arbeit oder Privat gefragt. Wir haben da als Trainer einen großen Einfluss auf die Spieler, wenn ich mir anschaue wie diszipliniert beispielsweise Dejan Kostic ist, dann wünsche ich mir, dass jeder meiner Spieler irgendwann mal ein ähnliches Verhalten an den Tag legt.“ 

Wie schaffst du es dein Chemie-Studium und Basketball zu vereinen? 

Sebastian: „Ehrlich gesagt gar nicht direkt, ich kann grundsätzlich Vieles von dem, was ich lerne natürlich nicht in der Sporthalle anwenden, aber die strukturierte Denkweise ist etwas, was mich unglaublich unterstützt. Ich merke einfach, dass wenn ich Vieles planen muss und mir Deadlines aber auch Zeitfenster setze, ich deutlich schneller vorankommen und dann am Ende mehr Zeit für 

Erholung bleibt, die wiederum in mehr Leistung resultiert.“ 

Sebastian, vielen Dank für deine Zeit und ein noch größerer Dank für deine tagtägliche Arbeit!